Dekolonisierung von Freiwilligenarbeit

Wenn du mit dem Gedanken spielst, in Afrika, Asien oder Lateinamerika Freiwilligenarbeit zu leisten, um „armen Menschen zu helfen“, lehne dich zurück und lies weiter. Wenn du in der Schweiz oder in einem anderen westlichen Land Freiwilligenarbeit leisten willst, bleibe hier und lies weiter. Es lohnt sich.

„Es gibt keinen Kolonialismus mehr“

Moment! Das koloniale Erbe sorgt weiterhin für die Aufrechterhaltung von Machtungleichheiten auf lokaler und globaler Ebene. Dadurch wird tendenziell bestimmt, wessen Stimme in welchen Zusammenhängen gehört wird, auch wenn es um die Gestaltung von Freiwilligenagenden geht. Die Sprache, die zur Konzeptualisierung von Freiwilligenarbeit verwendet wird, wird nach wie vor von Erfahrungen aus dem sogenannten Globalen Norden (den Ländern, die als entwickelt gelten) dominiert. Und europäische Freiwillige haben oft – bewusst oder unbewusst – eine koloniale Mentalität.

Viele Europäer und Europäerinnen haben gute Absichten, wenn sie sich an Freiwilligenprojekten im so genannten Globalen Süden (den Ländern, die als Entwicklungsländer und/oder am wenigsten entwickelte Länder gelten) beteiligen wollen. Sie wollen „helfen“, wo sie können, sie wollen „andere“ Kulturen kennen lernen und ein anderes Leben führen als das, welches sie gewohnt sind. Die Europäer und Europäerinnen wissen in der Regel nicht, dass diese Motivationen in der jahrhundertelangen kolonialen Ausbeutung und Unterdrückung von Gesellschaften und Kulturen ausserhalb Europas wurzeln.

Freiwilligeninitiativen können, wenn sie nicht mit Sensibilität und Bewusstsein angegangen werden, unbeabsichtigt neokoloniale Einstellungen aufrechterhalten und bestehende Machtstrukturen verstärken. Für Europäer und Europäerinnen, die an Freiwilligenprojekten teilnehmen, ist es wichtig, eine kritische Perspektive einzunehmen und die Dynamik ihrer Interaktionen mit lokalen Gemeinschaften zu hinterfragen. Dies bedeutet auch, die historischen Ungerechtigkeiten anzuerkennen, die die Gegenwart geprägt haben, und die potenziellen Fallstricke zu verstehen, die sich aus der unbeabsichtigten Aufrechterhaltung eines Narrativs der Überlegenheit ergeben.

Wenn du mehr Wissen erlangen und kritisches Denken entwickeln möchtest, bevor du Freiwilligenarbeit leistest, empfehlen wir dir die Lektüre von The Power Behind Good Intentions (SCI Austria, 2021).

Was wir wollen

Wir wollen, dass die Freiwilligen über die kolonialen Machtstrukturen nachdenken, die hinter ihren Vorstellungen von „Entwicklung“ und „Hilfe“ stehen, und ihre unbewussten imperialistischen und weissvorherrschaftlichen Ansätze in Frage stellen. Wir wollen, dass die Länder des sogenannten Globalen Nordens aufhören, sich als den Ländern des sogenannten Globalen Südens überlegen zu sehen. Wir möchten, dass du dich fragst, warum in manchen Teilen der Welt „Hilfe“ benötigt wird und wie das mit deinem eigenen Leben zusammenhängt.

Um einen wirklich positiven Beitrag zu leisten, müssen Freiwillige der Partnerschaft und der Zusammenarbeit den Vorrang geben gegenüber einem einseitigen Ansatz. Das bedeutet, dass sie sich die Bedürfnisse und Hoffnungen der Gemeinschaften, die sie unterstützen wollen, aktiv anhören und gemeinsam an der Umsetzung nachhaltiger und lokal orientierter Lösungen arbeiten. Der Aufbau echter Beziehungen, die auf gegenseitigem Respekt beruhen, fördert einen gerechteren Austausch von Wissen und Fähigkeiten.

Darüber hinaus sollten sich die Freiwilligen bemühen, sich über die komplexen historischen und sozialen Zusammenhänge der Regionen, in denen sie arbeiten, zu informieren. Dieses Wissen kann ihnen helfen, mit kulturellen Unterschieden besser umzugehen und zu vermeiden, dass sie unbeabsichtigt schädliche Stereotypen aufrechterhalten. Wenn Freiwillige aus dem so genannten Globalen Norden mit Bescheidenheit, Offenheit und Lernbereitschaft an ihre Arbeit herangehen, können sie dazu beitragen, die anhaltenden Auswirkungen des Kolonialismus zu überwinden und eine integrativere und respektvollere globale Gemeinschaft fördern.

Was wir tun

Wir arbeiten daran, die Vorherrschaft der Weissen durch ehrenamtliche Arbeit in Solidarität für globale Gerechtigkeit und Antirassismus umzuwandeln. Oder zumindest versuchen wir es (;

Wir glauben, dass es sehr wichtig ist, vor, während und nach der Teilnahme an einem Freiwilligenprojekt zu reflektieren. Aus diesem Grund bieten wir neben der Organisation von Freiwilligenprojekten auch

  • Pre-departure Trainings: Ein Raum zum Zuhören, Lernen und Diskutieren über Dekolonisierung, Macht und Privilegien, Neokolonialismus, Intersektionalität, globale Gerechtigkeit, Vielfalt und Kultur, kulturelle Aneignung/kulturelle Demut…
  • Ressourcen, die dir helfen werden, die Welt über globale Ungleichheiten und Diskriminierung zu verstehen, aber auch dein Wissen über Themen wie Klimagerechtigkeit und globale Gerechtigkeit zu vertiefen und zivilgesellschaftliche Antworten aus einer gewaltfreien Perspektive zu verstehen.
  • Ein Raum für lokalen Aktivismus und Interessenvertretung. Wenn du dich für Aktivismus interessierst, haben wir beim SCI verschiedene Arbeitsgruppen, die sich für Frieden, Gender, die Rechte von Asylbewerbenden und Klimagerechtigkeit einsetzen.

Bist du bereit, dich der Friedensbewegung anzuschliessen?

https://samouraimma.com/